Donnerstag, 15. August 2019

Noch mehr...!

So viele Pässe und Joche, so viele Kurven und Kehren, mir ist noch ganz schwindelig. Ob ich alle Namen der befahrenen Pässe noch zusammen bekomme? Na ja, dann könnt Ihr ja auf der Strecke unten schauen, was ich heute so getrieben habe.

Sonderbare Sparmaßnahmen haben die hier: in der Nacht wurde wohl das Internet abgeschaltet!? So kann ich den Blog erst heute morgen hochladen, als der Strom wieder eingeschaltet ist.

Gegen 6 Uhr morgens muss ich mal raus. Die Sonne scheint schon über die Gipfel, über dem See schweben Nebelschleier. Es ist noch zu früh. Und zu kalt (gestern abend 2,5 Grad!). Ich koche meine "Bettflasche" nochmal auf und krabble zurück in den Schlafsack. Ich glaub, ich werd alt - ich mag es nicht mehr so kalt! Kurz vor 9 ist eine gute Zeit! Gemütlich alles hin- und herräumen, Morgentoilette, Tee und Müsli. Das Zelt einfangen, das trocknen sollte, aber vom Wind verweht wird. Gegen 10 Uhr ist Start. Das ist meine Zeit. Ich bin ein Morgenmuffel.

Vom Staller Sattel kann man immer nur zur geschlagenen Stunde + 15 min abfahren. Dementsprechend versammelt sich so langsam alles. Neben mir 2 urige Typen mit Harley und Goldwing. Wir schnacken ein wenig, dann geht's los. Die Motorräder vor mir sind schneller, die hinter mir langsamer. So habe ich die Straße "gefühlt" für mich alleine. Sie ist einspurig, hat aber einen guten Belag. Ganz ordentlich kurvig zum aufwärmen. Eigentlich sollte ja kein Gegenverkehr sein, aber für die Radler gilt das anscheinend nicht, also ist Vorsicht geboten. Nach kurzer Zeit kommt die talseitige Stopstelle mit Parkplatz und Chaos. Es staut sich. Die Straße ist jedoch nach der Stoppstelle immer noch einspurig und so kommt es zu nervigen Staus bei Gegenverkehr. Der Harleyfahrer hinter mir flucht lautstark. Endlich weitet sich die Straße, aber oh Schreck! Milliarden von Wanderern, Radfahrern, Kindern, Autos...was ist hier los? Sieht aus, als ob hier ein Vergnügungspark am anderen errichtet wurde. Es ist ein Graus!


Einen Schlenker in's Pustertal möchte ich gerne machen, aber mein Navi will nicht so wie ich. Die Hauptstraße ist grausam. Bald finde ich jedoch eine Abzweigung und mit Irrungen und Wirrungen finden wir ein solch herrliches Sträßchen, das auf der Höhe über dem Pustertal entlang führt. Auch hier jede Menge Kehren und Kurven, allerdings auf etwas aufgebrochenem und begrastem Asphalt. So einen tollen Blick auf die Pustertalsperre hat sonst sicher niemand! Und das bei frischem Kiefernnadelduft! Auch für die Rückfahrt findet sich auf der anderen Talseite ein kurvenreiches Sträßchen. Wenn man einmal den Einstieg in's "darknet" (also in das Nebenstreckennetz) gefunden hat, dann läuft's. Frischer Holzduft? Ah - ein Sägewerk!
Der nächste Pass, der Furkelpass, fährt sich gut. Auf der Höhe ist auch hier viel los, eine Seilbahnstation und dementsprechend viele Leute. Aber alles in allem passabel.
Weiterhin muss ich mit dem Navi tricksen, damit es die geplanten Wegpunkte auch erwischt, immer wieder will es mich auf die Hauptstraßen locken. Nur wenn ich ihm konkrete Punkte auf der Nebenstraße vorgebe, kann es nicht mehr aus.
Um 14 Uhr ist es gut warm und ich erleichtere mich um eine Lage Kleidung. Gegen den Hunger gibt es 2 Bifis - Laden oder Supermarkt habe ich keinen gefunden.Nur dumm, dass es gleich im Anschluss wieder auf über 2000 m hoch geht. Und auch dumm, dass ausgerechnet hier eine Regenwolke rumhängt. Ich hoffe, es bleibt bei "örtlichem Schauer".
Die Felsen hier sind schon krass, senkrecht ragen blanke Felsspitzen in den Himmel und schnappen sich die vorbeiziehnden Wolken. Wolkenkratzer? Oder Wolkenkraller? Wenn diese Riesen einen Milchzahn verlieren, dann bin ich "weg vom Fenster". Von der Passhöhe aus sieht man ein Gebiet, das aussieht, wie ein großes Geröllfeld mit riesigen Felsbrocken; aus der Nähe entpuppt es sich als Parkplatz voller Wohnmobile! Grausam.
Auch einige Steilhänge sehen grausam aus. Die meisten Bäume liegen kreuz und quer am Boden, wie Streichhölzer übereinander. Aus der Nähe sehe ich, dass sie meist entwurzelt wurden. Vermutlich vom Schnee.



Richtung Würzjoch finde ich noch einige schöne Sträßchen, aber bis ganz hin fahren wir nicht. Die grobe Richtung muss schon stimmen. Als nächstes sind Valparola und Falzarego dran. Touristen ohne Ende! Die Autos sind oft ein Hindernis und die Radler sind die Ameisen im Verkehrsstrom. Die Ortschaften bestehen nur aus Hotels, Sportgeschäften und Restaurants. Die Menschen quälen sich in dicken Strömen dazwischen durch. Ich werde hoffentlich nie nie nie hier Urlaub machen (müssen)!
An der nächsten Abzweigung hat sich mein Navi grade mal wieder verabschiedet und ich muss es neu starten. Das dauert ein paar Minuten. In der Zeit werde ich von einer Horde Passauer eingekreist, so dass ich gar nicht mehr herauskomme, ohne einen davon zu verscheuchen.
Um 16 Uhr finde ich endlich einen kleinen Laden. Etwas Brot und ein paar Nektarinen kann ich bekommen - das gibt, zusammen mit etwas Salami, mein Mittagessen.
Im Rentnertempo gondeln die Lisl und ich weiter - schließlich sind wir ja auch zwei alte ladies. Die Reiskocher lassen wir gerne vorbei. Wir wollen einfach nur Spaß haben, keinen Streß. Das Sellajoch und das Pordoijoch nehmen wir noch mit, wobei das Pordojoch "nur zum Spaß" ist. Ich drehe dort um, wir müssen eher Richtung Westen halten. Außerdem haben wir heute schon einige Kreise gefahren - nur zum Spaß!

Meine Lisl genießt die Fahrt! Mit sonorem Klang zieht sie aus den Kurven - ich liebe Ihre Stimme! Selbst dann, wenn sie laut jaulen muss, weil wir eines von diesen vierrädrigen Verkehrshindernissen überholen müssen. Die Bergwiesen werden nur teilweise landwirtschaftlich genutzt - viele dienen zum Boccia oder Golf spielen.



Im Tal geht es nur noch im stopp and go Verkehr durch die Ortschaften. Ein Polizist versucht, den Verkehr zu regeln und rührt wie wild mit seiner Kelle in der Luft herum. Er glaubt wohl, dadurch ginge es schneller? Da ich hier einen Ort am nächsten vermute und keine Chance für ein lauschiges Zeltplätzchen vermute, biege ich einfach mal am Ortsende ab. Die Straße führt mich zum Stadtpark am Fluß. Ein großer Kinderspielplatz ist auf der anderen Uferseite angelegt. Edler Rasen. 
Ich nehme an einer Sitzgruppe im Park Platz und schreibe. Es dauert immer etwas, bis alle Gedanken sortiert und niedergeschrieben, alle Bilder gesichtet und die Strecke ins Internet geladen sind. Das Zelt will ich erst aufbauen, wenn es dunkel ist, damit sich niemand daran stört. Ein Radler stoppt bei der Lisl und betrachtet und bewundert sie. Wir kommen in's Gespräch. Ob man hier wohl eine Nacht zelten darf? Nein, sicher nicht! (Hätte ich auch nicht gedacht.) Die Polizei patroulliert hier nachts. Ich lasse es drauf ankommen.
Als es dunkelt, will ich das Zelt holen - mein italienischer Freund kommt wieder vorbei und wir reden ein wenig. Er meint, ich könne das Zelt jetzt auzbauen, die ersten Regentropfen fallen ja auch schon. Flugs mach ich mich ans Werk, aber ich bin zu langsam. Bis das Zelt steht bin ich naß. Jetzt blitzt und donnert es, das Gewitter ist direkt über mir...hoffentlich geht alles gut.


Staller Sattel - Pusterta - Furkelpass - (Würzjoch) - Valparola - Falzarego - Sella Joch

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