Dienstag, 20. August 2019

Nizza

Perfekt! Ich habe super geschlafen (abgesehen von ein paar quälenden Gedanken), die Temperatur auf 1400 m Höhe ist mir auf den Leib geschneidert. Ich bin gesund und hab wieder Energie! Ein Schaf, ein Radfahrer, ein Auto. Der "junge" Mann, der gestern abend hier vorbeikam und am Kirchenfenster gebetet hat, wandert jetzt wieder ins Tal. Er ist schätzungsweise gute 40 und ist wohl behindert. Er macht einen zurückgebliebenen Eindruck und hinkt, er ist sehr schüchtern. Aber heute morgen traut er sich und fragt mich nach der Zeit. Ein Polizeitauto - es fährt vorbei, die Männer würdigen mich nicht eines Blickes. Nach einiger Zeit kommen sie zurück - auch dann bin ich keinen Blick wert. Ok, so hab ich meine absolute Ruhe. Der Hund schleicht in immer kleineren Kreisen um mich herum.

On the road again - wenn man das "road" nennen kann. Aber das sind meine Lieblingswege. Ein Genuß!
Alles muss man selber machen! Balduin kann sich mal wieder nicht entscheiden und schlägt mir 2 Alternativen vor! Muss ich das Orakel befragen? Ich entscheide mich für Balduins Vorschlag, ich vermute, er benutzt eine Straßenkategorie höher. Etwas breiter, deutlich besserer Belag, immer noch sehr kurvig. Unser Schnitt steigt rapide um ca. 10 km/h und die Kurvenlage wird etwas schräger. Eine Abzweigung hab ich mal wieder verpennt, aber dafür springt mich eine Tankstelle an - exakt jetzt war das nötig! Ist das nicht wunderbar?

Plötzlich passiert es - ich höre leise ein krächzendes Hupen, da steht er schon vor mir! Der rote Kleinwagen, der weiter links nicht hätte fahren können. Die Kurve ist breit genug für 2 Autos, aber er fährt auf der linken Innenkante! Glückliserweise sind wir ja beide nicht schnell - eine Vollbremsung, dann suche ich mit dem rechten Fuß Halt am Felsen. Wenige Zentimeter trennen uns nur. Der Typ schreit wild durch die Gegend, schlenkert kurz nach rechts und verdrückt sich. Ist ja nochmal gut gegangen.

Was soll ich weiter erzählen, die Sträßlein sind weiterhin so winzig klein, mit so marodem Asphalt und so unendlich vielen Kurven und Kehren wie die letzten Tage! Rauf und runter, rüber und nüber. Unsesentlich schneller als Schritttempo - daher dauert es auch schrecklich lange, bis die vorhergesagten 150 km abgespult sind.
Monte Carlo ist ein Graus! Bislang ist es uns ja recht gut gelungen, dem Verkehr aus dem Weg zu gehen, aber jetzt müssen wir hinein in's Gewühl. Ich habe es mir allerdings schlimmer vorgestellt - was habe ich da in Erinnerung? Ich denke mal kurz an peruanischen Verkehr und schalte um auf "wer zögert hat verloren". Bis Nizza kommen wir allerdings nicht mehr aus den Häusern heraus. Nahtlos geht ein Ort in den anderen über und plötzlich bin ich in Nizza!
Balduin kennt angeblich meine Unterkunft. Ich passe auf wie ein Luchs, daß ich ihm brav folge. Zum Schluss biegen wir in ein Gässchen ein, in das bestimmt kein Auto hineinpasst. Es gibt auch nirgends ein Plätzchen für die Lisl. Also stelle ich sie irgendwo an der nächsten Hauptstraße auf dem Bürgersteig ab und mache mich zu Fuß auf die Suche nach "open house". Ich laufe bestimmt 3 mal dran vorbei, bevor ich jemanden finde, der mir erklärt, es wäre genau in dem Haus, vor dem ich stehe. Zufällig öffnet jemand die vergitterte Tür u nd schickt mich eine schmal Treppe hinauf in den 2.Stock. Auch hier muss ich erst 2 mal nachfragen, bis ich die richtige Tür finde. Dann öffnet mir ein nettes Mädchen, erkklärt mir alles und zeigt mir das Zimmer. Gebucht hatte ich ein Bett im 4-Bett-Schlafsaal mit Gemeinschaftsbad. Bekommen tu ich ein Zimmer mit einem Stockwerkbett und eigenem Bad. Außer mir ist noch niemand da, also erledige ich erst die Wäsche und dann wird geduscht!!! So, jetzt bin ich wieder hübsch! Für kurze Zeit.

Auf zur Strandpromenade und zum Yachthafen. Bis ich dort bin, bin ich schon wieder völlig verschwitzt. Ich sitze im Cafe, eine Frau etwa meines Alters, fährt mit dem Rollerchen vor, verstaut ihren Helm und nimmt ihr Handtäschen. Aber dann! Dann packt sie unterm Sitz eine Kette hervor, die vermutlich einen Schiffsanker halten sollte. Damit bindet sie ihr Gefährt am Geländer fest. Ha ha...

Treffe mich nachher mit einem Freund...

Nizza

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